Übermittlung private KV-/PV-Beiträge
Künftig erfolgt im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens zwischen den inländischen Unternehmen der privaten Kranken- und Pflegeversicherung, dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) und den Arbeitgebern ein Datenaustausch. Die entsprechenden Regelungen wurden mit dem Jahressteuergesetz 2020 beschlossen und mit dem Jahressteuergesetz 2022 konkretisiert. Der gesetzlich vorgesehene Starttermin wurde mit dem Kreditzweitmarktförderungsgesetz vom 22. Dezember 2023 auf den 1. Januar 2026 festgelegt (§ 52 Abs. 36 Satz 3 und 4 EStG). Die rechtlichen Grundlagen für dieses Datenaustauschverfahren ergeben sich insbesondere aus § 39 Abs. 4 Nr. 4 und Abs. 4a EStG.
Hierbei findet nicht lediglich eine 1:1-Digitalisierung der bisherigen Papierbescheinigungen statt. Anders als bisher werden vielmehr auch fortlaufende Aktualisierungen und Korrekturen der Beitragswerte im Jahresverlauf abgebildet. Das gilt grundsätzlich für alle ca. 8,7 Mio. Privatversicherten. Die bestehenden Prozesse und IT-Systeme der Versicherungsunternehmen waren hierauf bislang nicht ausgerichtet und mussten entsprechend umfänglich neu aufgesetzt bzw. geschaffen werden.
Zu den Lohnsteuerabzugsmerkmalen gehören nach § 39 Abs. 4 Nr. 4 EStG unter anderem:
a) die Höhe der monatlichen Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung eines nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien Zuschusses für diese Beiträge vorliegen, und
b) die Höhe der monatlichen Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG (Sonderausgaben).
Wichtig:
Die Beiträge nach Buchstabe a bilden die Grundlage für die Steuerfreiheit des Arbeitgeberzuschusses (§ 3 Nr. 62 EStG). Die Beiträge nach Buchstabe b fließen ein in die Berechnung der Vorsorgepauschale (§ 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 Buchst. d EStG).
Ob und ggf. in welcher Höhe die privaten KV-/PV-Beiträge als Lohnsteuerabzugsmerkmale berücksichtigt werden, ist für die Bildung und Bereitstellung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) für den Arbeitgeber nach § 39e EStG abhängig von weiteren Daten, die beim BZSt zum Versicherungsnehmer/zur versicherten Person gespeichert sind.
Übermittlungsfrist
Die Übermittlung der Daten an das BZSt muss durch die Versicherungsunternehmen bis zum 20. November des Vorjahres erfolgt sein, für das Beitragsjahr 2026 also bis zum 20. November 2025. Beginnt ein Vertragsverhältnis im Laufe des Jahres, so ist die Datenübermittlung unverzüglich durchzuführen. Im Jahresverlauf müssen Beitragsänderungen (z. B. Tarif, Beihilfesatz, versicherte Personen) dem BZSt zeitgleich mit der Mitteilung an den Versicherungsnehmer übermittelt werden, spätestens innerhalb von fünf Werktagen. Das BZSt beginnt mit der Datenverarbeitung nachdem ihm von den Versicherungsunternehmen die Daten übermittelt wurden (Frist: 20. November). Die ELStAM werden dem Arbeitgeber daraufhin üblicherweise im Dezember für das Folgejahr bereitgestellt.
Vorauszahlung und Rückerstattung von Beiträgen
Eine Vorauszahlung von Beiträgen für Folgejahre, die in die Vorsorgepauschale einfließen, wird nach § 11 Abs. 2 EStG dem Kalenderjahr der Zahlung zugeordnet und in dem Besteuerungszeitraum (hier: Kalendermonat) berücksichtigt, in dem sie gezahlt worden ist. Die Berücksichtigung erfolgt jedoch maximal in der Höhe, die das Dreifache der Beiträge, die auf den laufenden Veranlagungszeitraum (also das Kalenderjahr) entfallenden Beiträge nicht überschreiten. Im Besteuerungszeitraum der Leistung der Beitragsvorauszahlung ist der Höchstbetrag zu beachten. Ferner ist der danach nicht zu berücksichtigende Betrag für die Besteuerungszeiträume mitzuteilen, für die sie geleistet worden sind. Eine Vorauszahlung von Beiträgen, die die Grundlage für die Steuerfreiheit der Arbeitgeberzuschüsse sind, wird abweichend davon in dem Besteuerungszeitraum (hier: Kalendermonat) berücksichtigt, für den diese Beiträge bestimmt sind (sog. Bestimmungsgrundsatz). Die Vorauszahlungen werden in der Regel gleichmäßig auf die Monate aufgeteilt, für die sie bestimmt sind.
Rückerstattung von Beiträgen: Erstattet ein Versicherungsunternehmen seinem Versicherungsnehmer Beiträge zurück, so darf es die Rückerstattung nicht für die Höhe der Beiträge bei der Datenübermittlung abziehen. Zur Vermeidung ungerechtfertigter steuerrechtlicher Vorteile wird die Rückerstattung jedoch bei der Einkommensteuerveranlagung aufgegriffen. Diese Sachverhalte stellen in der Regel den Tatbestand für eine Pflichtveranlagung dar.
Ersatzverfahren
Nach dem Start des Verfahrens ab 2026 wird es für einen Übergangszeitraum von zwei Jahren nicht beanstandet, wenn in Fällen, in denen Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung aus technischen Gründen nicht bzw. nur fehlerhaft als Lohnsteuerabzugsmerkmale gebildet werden, der Arbeitgeber eine vom Versicherungsunterehmen in Papierform für das Kalenderjahr ausgestellte Ersatzbescheinigung über die Höhe der im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigenden Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung dem Lohnsteuerabzug zugrunde legt.
Das Versicherungsunternehmen ist in diesen Fällen verpflichtet, die bisherige Datenübermittlung zu stornieren. Liegen nach einer erneuten Datensatzübermittlung in den ELStAM wieder Beitragswerte der privaten Kranken- und Pflegeversicherung vor, verliert eine in Papierform ausgestellte Ersatzbescheinigung ihre Gültigkeit.
Hinweis:
Im Falle eines Widerspruchs des Versicherungsnehmers (dazu gleich mehr) kommt das Ersatzverfahren nicht zur Anwendung.
Informationspflicht
Vor der Datenübermittlung an das BZSt muss das Versicherungsunternehmen den Versicherungsnehmer in geeigneter Weise vollständig über seine Rechte und Pflichten hinsichtlich der Datenübermittlung informieren (§ 93c Abs. 1 Nr. 3 AO): „Die mitteilungspflichtige Stelle hat den Steuerpflichtigen darüber zu informieren, welche für seine Besteuerung relevanten Daten sie an die Finanzbehörden übermittelt hat oder übermitteln wird. Diese Information hat in geeigneter Weise, mit Zustimmung des Steuerpflichtigen elektronisch, und binnen angemessener Frist zu erfolgen. Auskunftspflichten nach anderen Gesetzen bleiben unberührt.“
Widerspruchsrecht Versicherungsnehmer
Der Datenübermittlung gegenüber dem Versicherungsunternehmen kann in beliebiger dokumentierbarer Form widersprochen werden, z. B. per Brief, E-Mail oder Online-Tool (§ 39 Abs. 4a Satz 1 EStG). Ein Widerspruch kann nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen. Nicht wirksam ist ein Widerspruch durch eine andere Person, insbesondere durch eine versicherte oder mitversicherte Person. Ist der Versicherungsnehmer eine juristische Person, kann ausnahmsweise auch die versicherte Person der Datenübermittlung widersprechen. Der Versicherungsnehmer hat verschiedene Möglichkeiten, der Widerspruch kann:
- individuell hinsichtlich der Höhe der Beiträge, der Beitragsarten oder der Besteuerungszeiträume (Kalendermonate) ausgeübt werden.
- individuell hinsichtlich einzelner Vertragsbestandteile oder der Beiträge, die in einzelnen Vertragsbestandteilen vereinbart sind, ausgeübt werden.
- bezogen auf ausgewählte versicherte Personen ausgeübt werden.
- bezogen auf einzelne Verträge beim Versicherungsunternehmen unterschiedlich ausgeübt werden.
Die infolge des Widerspruchs von der Datenübermittlung ausgeschlossenen Beiträge, Vertragsbestandteile, versicherten Personen oder Verträge können nicht bei der Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale berücksichtigt werden. Dem Arbeitgeber werden die genannten Daten insoweit auch nicht als Lohnsteuerabzugsmerkmal bereitgestellt.
Wichtig:
Infolge eines Widerspruchs ersatzweise vorgelegte (Papier-)Bescheinigungen darf der Arbeitgeber nicht berücksichtigen. Entsprechende Beiträge dürfen dann in der Regel auch nicht beim Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren berücksichtigt werden (gewisse Ausnahmen bestehen bei Auslandsbezug).
Steuerfreier Arbeitgeberzuschuss
Bei den Beiträgen für einen steuerfreien Zuschuss (also nach § 39 Abs. 4 Nr. 4 Buchst. a EStG) wird für die Bereitstellung der ELStAM in der Regel geprüft, ob im ELStAM-Verfahren ein Dienstverhältnis vorliegt. Hat ein Arbeitnehmer mehrere Dienstverhältnisse, so werden die ELStAM jedem der Arbeitgeber bereitgestellt.
Unabhängig von der Bereitstellung der ELStAM ist der Arbeitgeber unverändert verpflichtet, die sozialversicherungsrechtliche Prüfung hinsichtlich der Verpflichtung zur Zahlung des Zuschusses nach § 257 SGB V und § 61 SGB XI durchzuführen.
Bei Zahlung eines Zuschusses zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung hat der Arbeitgeber zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 62 EStG vorliegen, hierzu zieht er die ELStAM heran. Der gezahlte Zuschuss ist bis zu der Höhe steuerfrei, bis zu welcher der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet ist, diesen Zuschuss zu zahlen. Steuerfrei ist demnach in der Regel die Hälfte der übermittelten Beiträge, jedoch nicht mehr als der maximale Arbeitgeberanteil für einen gesetzlich versicherten Arbeitnehmer.
Allein aus der Tatsache, dass die ELStAM zu einem Arbeitnehmer bereitgestellt sind, hat der Arbeitnehmer noch keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber ihm einen (steuerfreien) Zuschuss zahlt. Ob der Arbeitgeber einen (steuerfreien) Zuschuss zahlt, beurteilt allein er nach den gesetzlichen Vorgaben.
Ist der Versicherungsnehmer eine juristische Person, so erfolgt die Zuordnung der Beiträge auf die jeweilige versicherte Person, die diese Beiträge wirtschaftlich trägt. Ist der Versicherungsnehmer eine natürliche Person, so werden die Beitragswerte vorrangig der versicherten Person zugeordnet, sofern ein Abruf der ELStAM durch einen Arbeitgeber der versicherten Person erfolgt. Ist keine Zuordnung zu einer versicherten Person möglich, so erfolgt die Zuordnung zum Versicherungsnehmer, sofern im Verfahren ELStAM zwischen dem Versicherungsnehmer und der versicherten Person entweder eine Ehe oder eine Lebenspartnerschaft oder ein Eltern-Kind-Verhältnis (Familienverbund) besteht.
Achtung:
Üben Arbeitnehmer ihr Widerspruchsrecht aus, ist das steuer- und beitragsfreie Gewähren eines Arbeitgeberzuschusses grundsätzlich ausgeschlossen!
Wer der Beitragsübermittlung durch die PKV widerspricht, der hat
- keinen Anspruch auf den steuerfreien Arbeitgeberzuschuss und/oder
- die Lohnsteuer reduziert sich nicht und die PKV-Beiträge können nur im Nachhinein bei der Einkommensteuerveranlagung als Vorsorgeaufwendung geltend gemacht werden.
Vorsorgeaufwendungen
Bei den Beiträgen für die Vorsorgeaufwendungen werden die ELStAM nur bereitgestellt, wenn im ELStAM-Verfahren für den Versicherungsnehmer ein Hauptarbeitsverhältnis vorliegt.
Ist der Versicherungsnehmer eine natürliche Person, erfolgt eine Zuordnung aller Beiträge, auch der Beiträge für weitere versicherte Personen, als Lohnsteuerabzugsmerkmal zum Versicherungsnehmer. Für die Bereitstellung der ELStAM wird auf das jeweilige gespeicherte Hauptarbeitsverhältnis des Versicherungsnehmers abgestellt. Ist der Versicherungsnehmer eine juristische Person, erfolgt die Zuordnung der Beiträge zur versicherten Person, die diese Beiträge wirtschaftlich trägt. Für die Bereitstellung der ELStAM wird auf das jeweilige gespeicherte Hauptarbeitsverhältnis der versicherten Person abgestellt.
Berücksichtigung durch den Arbeitgeber
Der Arbeitgeber muss in der Regel die Beiträge der privaten Kranken- und Pflegeversicherung in der Höhe berücksichtigen, in der sie in den ELStAM angegeben sind. Der Arbeitnehmer kann also nicht verlangen, dass der Arbeitgeber die Beiträge in einer anderen Höhe berücksichtigt als der, die in den ELStAM angegeben ist.
Dies gilt auch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber eine vom Versicherungsunternehmen ausgestellte (Papier-)Bescheinigung (z. B. die Information im Zusammenhang mit der Datenübermittlung nach § 93c Abs. 1 Nr. 3 AO) vorlegt und dort eine andere Höhe angegeben ist (anders ggf. im zweijährigen Ersatzverfahren). In solchen Fällen muss sich der Arbeitnehmer an sein Versicherungsunternehmen wenden, da nur dieses eine Korrektur der Datenübermittlung vornehmen kann.
Legt der Arbeitnehmer jedoch eine vom Finanzamt ausgestellte Papierbescheinigung zum Lohnsteuerabzug (gem. § 39 Abs. 1 Satz 2 EStG) vor, so muss der Arbeitgeber die dort angegebenen Lohnsteuerabzugsmerkmale anwenden.
Hinweis:
Zu aufkommenden Fragen liefern zwei BMF-Schreiben die Antworten, und zwar hinsichtlich
- des Datenaustauschverfahrens vom 3. Juni 2025 (IV C 5 - S 2363/00047/ 004/136) sowie
- der Vorsorgepauschale im Lohnsteuerabzugsverfahren vom 14. August 2025 [IV C 5 - S 2367/00012 /004/033].
Weitere Informationen gibt es vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) sowie von der Privaten Krankenversicherung.
Abschaffung Mindestvorsorgepauschale
Bei der Vorsorgepauschale werden bei den privat versicherten Arbeitnehmern ab dem 1. Januar 2026 in der Regel die zum Abruf bereitgestellten ELStAM der Beiträge der privaten Kranken- und Pflegeversicherung nach § 39 Abs. 4 Nr. 4 Buchst. b EStG abzüglich der vom Arbeitgeber nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei gezahlten Zuschüsse berücksichtigt (§ 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 Buchst. d EStG).
Werden über die ELStAM keine Beiträge bereitgestellt, so darf der Arbeitgeber Beiträge der privaten Kranken- und Pflegeversicherung auch nicht anderweitig ansetzen (anders ggf. im zweijährigen Ersatzverfahren).
Die ursprünglich bereits mit dem Jahressteuergesetz 2020 vorgesehene Abschaffung der Mindestvorsorgepauschale (sowie die Einführung eines Teilbetrags für die Arbeitslosenversicherung) ab 2024 wurde mit dem Kreditzweitmarktförderungsgesetz um zwei Jahre auf den 1. Januar 2026 verschoben.
Künftig werden die Beiträge für eine private Krankenversicherung und eine private Pflege-Pflichtversicherung entsprechend den tatsächlichen Gegebenheiten sowie die Arbeitnehmerbeiträge zur Versicherung gegen Arbeitslosigkeit (der Teilbetrag für die ALV ist jedoch nur anzusetzen, soweit er zusammen mit den Teilbeträgen für die KV und PV einen Betrag in Höhe von 1.900 EUR nicht übersteigt, vgl. § 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 Buchst. e EStG) über die entsprechenden Teilbeträge der Vorsorgepauschale berücksichtigt.
Wichtig:
Eine Mindestvorsorgepauschale darf ab dem 1. Januar 2026 generell nicht mehr berücksichtigt werden.